Im Jahr 1999 gabe es auf der ganzen Welt Menschen, die sich vor dem Wechsel ins neue Jahrtausend fürchteten. Es wurde spekuliert, dass der Wechsel vom Jahr 1999 auf das Jahr 2000 Computersysteme zum Absturz bringen kann. Viele Menschen und Organisationen reagierten sehr unterschiedlich auf diese Probleme. Der Millenniumbug hielt die Welt in Atem. Der Hintergrund: In den 70er Jahren war Speicher sehr teuer, Computersysteme und Software wurden so gebaut, dass sie möglichst effizient Datumswerte speicherten. So sparte man sich oft die vorderen 2 Ziffern der Jahreszahl, sodass bei beispielsweise dem 20. August 1977 nur 200877 gespeichert wurde. Nun muss man aber wissen, dass Software immer eine gewisse Ablauflogik darstellt und gewisse Prüfungen macht (sonst bräuchte man auch keine Software). Wenn Sie beispielsweise einen Führerschein in ein Personenregister eintragen und das Ausstellungsdatum speichern, so ist es ein sinnvolles Feature, wenn diese Software auch überprüft, dass das Ausstellungsdatum größer ist als der 18. Geburtstag dieser Person. Man nimmt also das Datum der Führerscheinausstellung, und das Geburtsdatum der Person und berechnet ob die Eingabe des Beamten plausibel ist oder nicht. Also beispielsweise 20.08.1971 – 18 Jahre > 13.02 1949 == TRUE. Wenn aber zum Speichern des Datums nur 2 Stellen für die Jahreszahl verwendet wird, so kann dies zu unerwünschten Ergebnissen führen. So ergibt die Gleichung im Jahr 20.08.01 – 18 Jahre > 13.02.79 == FALSE. Es kann sogar sein, dass eventuell das ganze Programm abstürzt, wenn es nicht mit negativen Zahlen umgehen kann. Dieser Millenniumsbug wurde jedoch rechtzeitig erkannt und viele Softwareentwicklungsunternehmen, Hardwareentwicklungsunternehmen und große Konzerne stellten rechtzeitig Untersuchungen an und Vorbeugungsmaßnahmen um und das reale Risiko konnte größtenteils auf ein Minimum eingedämmt werden.
Welche Auswirkungen hat die Abschaffung der Zeitumstellung auf die Software und die IT?
Im August 2018 stellte eine europaweite Umfrage die Zeitumstellung in Europa in Frage. Die jährlich zweimal in Europa zelebrierte Zeitumstellung die ihren Ursprung in den Weltkriegen und der Ölpreiskriese der 1970er Jahre hat, wurde bereits viele Male von verschiedensten Menschen kritisch hinterfragt. Die Umfrage vom August 2018 bei der sich eine breite Mehrheit der ca. 4,6 Millionen Teilnehmer für eine ganzjährige Sommerzeit aussprachen, veranlasst nun die EU-Kommission und ihren Präsidenten Jean-Claude Juncker möglichst rasch die halbjährige Zeitumstellung abzuschaffen. Diese Umstellung, stellt wieder einmal die Wirtschaft in den Zugzwang. Doch ist die Umstellung diesmal auch so gravierend wie beim Milleniumbug? Heutige IT-Systeme haben zwar den IT-Systemen der 70er Jahre einiges voraus. Software ist generell robuster geworden, Speicher und Datumsformate sind heutzutage nicht mehr das Problem, jedoch kann das Ende der Zeitumstellung dennoch den Anlass von Handlungsbedarf geben. In den meisten Betriebssystemen wird jedoch die koordinierte Weltzeit (UTC) verwendet, sodass die gesetzliche Zeit nur in der Logik und der Benutzeroberfläche der Software Berücksichtigung findet. Es gibt jedoch dennoch einige Spezialfälle die aufgrund der Zeitumstellung aktuell in Software berücksichtigt werden müssen und zu Fehlern führen kann. Aktuell kann es sein, dass beispielsweise ein Kind genau in der Zeitumstellung am letzten Sonntag des Oktobers geboren wird. Im Oktober werden am letzten Sonntag des Monats die Uhren von 03:00 auf 02:00 zurückgestellt. Wir durchlaufen also die selbe Stunde nochmal. Das Kind wird daher in der Stunde A oder B. geboren. Dieses Problem muss aufwändig über Spezialabläufe in der Software geregelt werden. Ein weiteres Beispiel sind Logfiles. Je nach Implementierung können Logfiles nicht gut mit doppelten Zeiteinträgen umgehen. So können beispielsweise zeitliche Abläufe, Crash-Reports und andere chronologische Vorgänge im Nachhinein nicht mehr auswertbar sein. Auch hier werden zukünftig doppelte Einträge und chaotische Logfiles nicht mehr vorkommen. Auch beim Software, die regelmäßig Jobs und Services anstoßen werden zukünftig einfacher. Bei schlechter Implementierung hatte es bisher sein können, dass Jobs und Services doppelt ausgeführt wurden. So konnte es bisher sein, dass ein für 02:30 geplanter Job zweimal hintereinander ausgeführt wurde. Ein anderes Beispiel was bisher noch zu Problemen geführt hat ist das Eingehen von Aufträgen und Botschaften, die Scheinbar früher eingehen als sie gesendet wurden.
Die Abschaffung der Zeitumstellung ist somit für die IT in folgenden Punkten eine Erleichterung.
- Scheinbar nicht chronologische Protokolleinträge treten nicht mehr auf. Spezialfälle müssen nicht mehr berücksichtigt werden. Beispiel: nach 2:59 Uhr folgt (nach Rückstellung von 3:00 Uhr auf 2:00 Uhr) wieder 2:00 Uhr
- Scheinbar doppelte Einträge in Protokollen treten nicht mehr auf. Beispiel: eine Stunde nach 2:32 Uhr erscheint wieder 2:23 Uhr
- Jobs und Services die früher unbeabsichtigt zweimal ausgeführt wurden werden nicht mehr doppelt ausgeführt. Beispiel: ein für z. B. 2:15 Uhr eingeplanter Job läuft zweimal ab
- Es kann nicht mehr passieren, dass Daten die in vernetzten IT-Systemen scheinbar früher ankommen als sie gesendet wurden (wenn das sendende System nicht mehr gleichzeitig mit dem empfangenden System umgestellt wurde)
Das Wegfallen der Zeitumstellung kann innereuropäisch eine Verbesserung darstellen. Kann auf lange Sicht gesehen auch eine Vereinfachung der IT-Systeme bedeuten. Dennoch müssen IT-Systeme weltweit mit Zeitumstellungen umgehen könne. Wirtschaftlich kann es sinnvoll sein, beim wegfallen der Zeitumstellungen die eigenen IT-Systeme zu analysieren und gegebenenfalls zu vereinfachen. In einigen Fällen kann es auch notwendig werden Systeme zu erneuern und dem Wegfallen der Zeitumstellung anzupassen.
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Zum Autor:
David Theil aus Linz Oberösterreich ist Digitalisierungs-Coach, Software-Entwickler und als Head of Presales and Delivery für über 30 Softwareentwickler verantwortlich. Beruflich beschäftigt er sich bereits jahrelang mit der Digitalisierung und hat bereits bei vielen Digitalisierungs-Projekten in der Wirtschaft federführend mitgewirkt. Er bewegt sich in Themen wie Digitalisierung, IoT, oder Industrie 4.0 sowohl beratend als auch praktisch mit echten Lösungen.
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