Change Management in der Digitalisierung

Heutzutage gibt es kaum ein Unternehmen, welches sich nicht Gedanken über die Digitalisierung macht. Viele vor allem mittlere und größere Unternehmen haben bereits ihre Digitalisierungsstrategie entschlossen und sind bereits bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Einige Unternehmen haben bereits einige Digitalisierungsprojekte abgeschlossen und befinden sich mitten in der digitalen Transformation. Digitalisierungsprojekte und die digitale Transformation läuten in Unternehmen immer einen Change Prozess ein. Jahrelang etablierte Geschäftsprozesse werden abgeändert, neue Software wird eingesetzt die es erst zu erlernen und einzurichten gilt. Oft bringt die digitale Transformation auch in der Aufbauorganisation ihre Änderungen mit, nämlich dann wenn zum ersten Mal Software und digitale Services für Kunden des Unternehmens zum Kauf angeboten und betrieben werden muss. In diesen Fällen muss der Vertreib und das Marketing neue Strategien und neu Verkaufsprozesse entwickeln. Es müssen gegebenenfalls neue Support-Abteilungen ins Leben gerufen werden, und der Betrieb einer Service-Software stellt die IT und Systemadministratoren vor neue Herausforderungen mit neuen Technologien wie der Cloud und IoT.

Vielen Mitarbeitern ist es nur sehr schwer, oder gar nicht möglich sich auf diese Change-Prozesse fröhlich und leicht einzulassen. Es fällt ihnen oft schwer Jahre lang gewohnte Arbeitsprozesse abzuändern, neue Tools einzusetzen oder mit einem Shift in der Aufmerksamkeit des Managements leicht umzugehen, und neue Verhaltensweisen anzunehmen. Es ist also eine riesige Herausforderung für Unternehmen, Veränderungsprozesse in der Organisation so zu gestalten, dass sie eine Win-Win-Win-Situation für Mitarbeiter, Eigentümer und Geschäftsführung und Kunden des Unternehmens sind. Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Thema Change-Management in der digitalen Transformation.

Wird ein neues digitales Geschäftsmodell eingeführt, welches weitreichende Veränderungen für die Stammbelegschaft des Unternehmens mit sich bringt, so kann der emotionale Prozess der Veränderung der Mitarbeiter in vier Phasen eingeteilt werden.

  1. Verleugnung und Ablehnung
  2. Widerstand
  3. Entdecken
  4. Commitment

In diesem Artikel wird aufgezeigt welche Situationen in welcher Phase zu finden sind und wie als Führungskraft darauf situationsadäquat regiert werden kann.

Problemdefinition

Es gibt zahlreiche Situationen die negative Gefühle in einem Veränderungsprozess auslösen können. Einer der häufigsten zentralen Fehler der bei Change Prozessen gemacht wird ist es zu unterschätzen, dass jegliche Änderung in der Führung, der Struktur, den Abläufen und den Prozessen des Unternehmens eine Auswirkung auf die im Unternehmen etablierte Kultur hat. Struktur, Kultur, Führungsaufgaben und Arbeitsprozesse sind so eng miteinander verwoben, dass es nicht möglich ist einen Faktor losgelöst von den anderen Faktoren zu betrachten oder verändern. Eine Ganzheitliche Change-Management-Strategie schließt somit alle vier Bereiche mit ein und holt die Mitarbeiter im Change-Prozess ab.

Organisationale Aspekte des Change Managements

Digitalisierungsprojekte und die digitale Transformation führen unweigerlich zur Veränderung von Arbeitsprozessen auf der einen Seite, und zur Änderung der Organisationsstruktur, dem Management auf der anderen Seite. Entweder erhofft man sich eine verbesserte effizientere und fehlersicherere Arbeitsweise oder man führt neue digitale Geschäftsmodelle ein die weitreichende Änderungen in der Organisationsstruktur und Geschäftsprozessen mit sich bringen.

Ablauf der vier Phase des Change-Managements aus Sicht der Mitarbeiter

4 Phasen Change Managements

1. Phase: Verleugnung und Ablehnung

In der ersten Phase des Change-Prozesses brodelt die Gerüchte-Küche und die Gefühle kochen hoch. Die die von der Veränderung betroffen sind verspüren oftmals Angst, Wut, Ärger und Ablehnung. Es macht sich im Team Unruhe breit. Gerüchte kursieren und werden ausgetauscht, Halbwissen wird verbreitet Hoffnungen sowie Befürchtungen werden diskutiert. Nur sehr wenige, die von der Veränderung betroffenen sind, bleiben offen für das Neue und können sich auf die Zukunftsvision einlassen.

2. Phase: Widerstand

Nachdem der erste Schock überwunden wurde, wird angefangen sich mit dem Thema genauer zu beschäftigen. Es werden bewusst Abwehrreaktionen durchgeführt, die nicht immer mit Arbeitsverweigerung und Blockaden einhergehen, sondern auch sehr oft in die andere Richtung ausschlagen. Es werden Überstunden gemacht und zahlreiche Argumente gefunden, warum alles super ist so wie es ist, das System an sich funktioniert und es keinerlei Änderung bedarf. Eine Änderung ist daher nicht nur nicht notwendig, sondern sogar schlecht für die Produktivität, so die Argumentation dieser Mitarbeiter. In dieser Phase muss es das Management jedem Mitarbeiter klar machen, dass es kein Zurück gibt, der Wandel notwendig und unausweichlich ist.

3. Phase: Entdecken und Orientierung

Ist es erstmal bei den Kollegen und Mitarbeitern angekommen, dass es kein Zurück mehr gibt und der Wandel stattfinden wird, akzeptieren diese die Veränderung allmählich auf einer rationalen Ebene. Das heißt sie bedauern zwar noch die Veränderung von der alten in die neue Situation, fragen sich aber gleichzeitig wo ihr Platz im neuen System sein wird und welche Auswirkungen die Veränderung für sie bedeutet. Es wird über neue Herausforderungen nachgedacht, jedoch ohne genau zu wissen ob diese Konkret auf einen zukommen und wie diese bewältigt werden können. Denn das können beteiligte in dieser Phase generell noch nicht einschätzen. Hier ist es nun wichtig die vergangenen alten Erfolge ausreichend zu würdigen und das Team zu unterstützen die neuen Herausforderungen positiv und als neue Chance zu sehen.

4. Phase: Commitment

Erst nachdem die ersten 3 Phasen durchlaufen wurden, können die Kollegen die von der Veränderung betroffen sind den Blick in die Zukunft wenden. Jetzt gilt es die Neugier der Kollegen zu fördern und sie beim Erlernen des neu geforderten Wissens zu unterstützen. Die neuen Gegebenheiten, Prozesse und Strukturen müssen erprobt werden. Es darf experimentiert werden und dabei können und dürfen Fehler passieren. Die gesammelten Erfahrungen und deren Learnings werden wieder in die neuen Prozesse zurückgefüttert und diese somit optimiert. Das Management muss dabei Ermutigen und geduldig sein und einen Erfahrungsaustausch zwischen den Kollegen fördern. Erst durch diese neuen Erfahrungen und Verbesserungen entwickelt sich das Neue zur Normalität und Kollegen bekommen mehr und mehr Selbstvertrauen und Identifizieren sich schließlich mit dem Neuen. Die Leistung steigt mit dem vorhandenen Selbstvertrauen und der Identifikation schließlich über das alte Niveau und der Change Prozess kann somit letztendlich erfolgreich abgeschlossen werden.

Vier Phasen – Resümee für Führungskräfte

Oft ist es Führungskräften und dem Management nicht bewusst, was die Einführung von digitalen Produkten und Dienstleistungen für die Mitarbeiter bedeutete. Die digitale Transformation bedeutet für viele Mitarbeiter eine massive Veränderung von vertrauten Strukturen und Verhaltensmustern. Wenn sich diese zu stark ändern bedeutet dies oft für die Mitarbeiter den Verlust des beruflichen Selbstbewusstseins. Die Unternehmensführung und das Management verlangt oft viel zu schnell und viel zu viel Veränderung auf einmal von den Mitarbeitern. Diese können oft nicht mit den rasanten Änderungen mithalten und sind überfordert. Das Bewusstsein über den Change-Prozess und dass dieser Zeit benötigt ist extrem wichtig. Manager und Führungskräfte sollten erfassen in welcher Phase sich das Team, Gruppen im Team und einzelne Personen befinden, und erforderliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten. Nur dann lässt sich der Change-Prozess erfolgreich und schnell durchführen.

Was sie als Führungskraft in den vier Phase des Change-Managements tun sollten

Als Führungskraft in der digitalen Transformation sollten Sie sich zunächst fragen, in welcher Phase des Change-Prozesses sich das Team, einzelne Gruppen im Team und sogar einzelne Kollegen sich befinden. Die Phase ist entscheidend um entsprechende Maßnahmen und Handlungsalternativen abzuwägen und durchzuführen. Sie sollten sich immer fragen welche Unterstützung Sie in dieser emotional aufreibenden Zeit Sie Ihren Mitarbeitern bieten können und der Kollege braucht. Nachfolgend werden einige Handlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten pro Phase aufgelistet:

1 Phase: Ablehnung

  • Kollegen abholen und aktiv Zuhören
  • Kollegen zur Reflexion anregen
  • Nachfragen und nach Gemütszustände erkundigen
  • Eigene Arenen für das geordnete äußern von Ängsten anbieten
  • Verständnis und Mitgefühl zeigen
  • Informationen geben und zum Nachdenken anregen
  • Negative Konsequenzen aufzeigen, wenn der Change nicht gemacht werden würde (Was passiert, wenn wir es nicht tun?)
  • Immer Ehrlich sein
  • Konfrontationen nicht scheuen
  • Standhaft bleiben und an Change Prozess festhalten

2. Phase: Widerstand:

  • Zeigen Sie, dass die Veränderung unausweichlich und notwendig ist und vermitteln Sie dies auch
  • Gründe des Wiederstandes hinterfragen
  • Aufdecken von „falschen“ Argumenten die das alte System rechtfertigen
  • Ängste reduzieren
  • Sicherheit geben
  • Informationen geben und steuern (Die Ziele und der Sinn der Veränderung und deren Notwendigkeit unterstreichen)
  • Sinn des Changes weiter vermitteln
  • Vorteile und neue Gelegenheiten unterstreichen
  • Mut zur Änderung erzeugen
  • Würdigen der bisherigen Leistungen und bewahren der positiven Aspekte
  • Beispiele aufzeigen wie positive Aspekte des alten ins Neue einfließen können
  • Als letzte Maßnahmen letztendlich Konsequenzen ziehen (Konfrontieren, Disziplinär, etc.)

3. Phase: Entdecken und Orientieren

  • Orientierung fördern
  • Entdecken und Erkunden lassen
  • Fehler akzeptieren
  • Perspektiven und Chancen aufzeigen
  • Hilfe beim Einordnen ins Neue geben
  • Erfolgreiche Teilziel und Ziele im Team kommunizieren
  • Leistungssteigerungen erkennen, anerkennen und hervorheben

4. Phase: Commitment

  • Vereinbarung von Leistungszielen
  • Entwicklung steuern
    • Ziele der Entwicklung einzelner Kollegen festlegen und einfordern
    • Gruppen Ziele und Gesamtteam Ziele festlegen und einfordern
  • Gruppenkooperationen fördern
  • Lob und Anerkennung für erste Erfolge
  • Erfolge im Team kommunizieren
  • Weiter Fördermaßnahmen definieren und anbieten

Führungskräfte die mit der digitalen Transformation betraut sind, müssen sich neben den technischen und organisatorischen Themen also auch Gedanken über den Change Prozess und die Gefühle der Kollegen machen. Es reicht nicht alleine eine Vision zu kommunizieren und eine technische Transformation einzuleiten. Kollegen müssen mit ihren Ängsten abgeholt werden, sonst bleiben sie in den ersten Phasen stecken. Die Komfortzone des Daily-Business muss verlassen werden und die Veränderung aktiv von allen beteiligten angegangen werden. Führungskräfte sollten neben der Identifikation der einzelnen Phasen und der darin befindlichen Kollegen auch eine Kategorisierung der Kollegen in drei Gruppen durchführen.

  1. Befürworter ca. 20%
  2. Beobachter ca. 60%
  3. Bewahrer ca. 20%

Üblicherweise [1] sind es 20% Befürworter, die den Veränderungen mit Freude und Wohlwollen entgegenschauen 60% Beobachter, die unentschlossen sind und erstmal abwarten wollen und 20% Bewahrer die die Veränderung verhindern wollen. Fördern Sie die Befürworter und geben Sie ihnen eine Plattform und Aufmerksamkeit im Team. Holen sie die Beobachter ins Boot und konvertieren Sie diese zu Befürworter, und identifizieren sie die Bewahrer und entkräften sie deren Standpunkte.

 

Quellen:

angelehnt an die vier Phasen der Trauer aus Beratung und Therapie in Trauerfällen: Ein Handbuch -28. Oktober 2010 von William J Worden et. al.
Weiter Quellen: https://www.hrweb.at/2014/03/change-management-phasen/

[1] Toolbox Führungskompetenz: People Management in der Praxis von Uwe Reiner-Kolouch, Regina Schmied, Michael Waldner

 

Buchempfehlungen

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Dieser Artikel gehört zur Artikelreihe „Methoden und Werkzeuge für die Digitalisierung“

methoden und werkzeuge für die digitalisierung


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Zum Autor:

David Theil ist DigitalisierungsCoach und hilft Unternhemen bei der Softwareentwicklung, App-Entwicklung und bei der Digitalisierung und Digitalisierungsprojekten

David Theil aus Linz Oberösterreich ist Digitalisierungs-Coach, Software-Entwickler und als Head of Software-Development für über 30 Softwareentwickler verantwortlich. Beruflich beschäftigt er sich bereits jahrelang mit der Digitalisierung und hat bereits bei vielen Digitalisierungs-Projekten in der Wirtschaft federführend mitgewirkt. Er bewegt sich in Themen wie Digitalisierung, IoT, oder Industrie 4.0 sowohl beratend als auch praktisch mit echten Lösungen.

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