Seit den Zeiten von Peter Drucker versucht das Management in Unternehmen das Ausformulieren von Zielen und das Führen von Mitarbeitern hin zur Zielerreichung immer mehr zu verfeinern und effizienter anzuwenden. Mit der OKR-Methode gelang es Intel und Google die Ideen von Peter Drucker an die Herausforderungen der Jetztzeit anzupassen. Dieser Artikel gibt einen Einstieg in die Methode und zeigt, wie OKR zur Entwicklung und Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie genutzt werden kann und wie die Methode gut dazu geeignet ist agile Teams zu führen.
Definition Objectices and Key Results – OKR:
Die Objectives and Key Results Methode (= kurz OKR-Methode oder nur OKR) ist dafür gedacht Ziele im Unternehmen ganzheitlich (Mitarbeiter und Führungskräfte) zu formulieren und umzusetzen. Die Methode verbindet einerseits Top-Down Vorgaben vom Management und der Führung mit Bottom-Up Planungen von den Mitarbeitern in Teams und lässt die Mitarbeiter motiviert und mit individuellen Freiheiten, zielgerichtet und selbstorganisiert arbeiten.
Entstehung der OKR-Methode
Den Ursprung der OKR-Methode findet sich in den Ideen von Peter F. Drucker der bereits sehr früh das „Management by Objectives“ etablierte. Von Intel wurden diese Ideen dann in den 1970er Jahren verwendet und weiterentwickelt und die erste Form der OKR Methode entstand. Mit OKR führte Andy Grove (Mitbegründer von Intel) das angeschlagene Technologieunternehmen aus der Krise und transformierte das Elektronik-Unternehmen in den erfolgreichsten Computer-Chip Hersteller der Welt. Über einen ehemaligen Mitarbeiter von Grove, namens John Doerr (sein Buch [Affiliate-Link zu Amazon] Measure What Matters: OKRs: The Simple Idea that Drives 10x Growth) , gelangte die OKR-Methode dann auf Umwegen zu Google. Google präsentierte dann im Jahr 2013 mit „How Google set Goals: OKR“ die OKR-Methode der breiten Öffentlichkeit und wurde somit zum Vorzeigeunternehmen und stärksten Referenz der OKR-Methode.
Einführung in die OKR-Methode
Das OKR Framework besteht aus Objectives, also Zielen und Key Results also messbaren Schlüsselresultaten. Objectives werden in Form von qualitativen Zielen definiert, die klarstellen wo das Unternehmen hinwill und die Mitarbeiter inspirieren und motivieren. Key Results sind die quantitativ messbaren Ergebnisse. Diese Metriken können gemessen und ausgewertet werden und bieten somit die Möglichkeit festzustellen ob, wann und in welchen Grad ein Ziel erreicht wurde. Die Metriken werden insbesondere am Weg zur Zielerreichung genutzt, um steuernd eingreifen zu können und sich Veränderungen anzupassen.
Ziel ist es zu jedem Objective mindestens zwei bis 5 Key Results zu finden und zu definieren. Somit können Objectives nie ohne Key Results und Key Results nie ohne Objectives existieren. Sie werden gemeinsam definiert und dokumentiert und werden transparent allen im Unternehmen zur Verfügung gestellt.
Neben dieser Transparenz und Untrennbarkeit gibt es noch weitere Merkmale.
Die wichtigsten Merkmale von OKRs sind:
- Objectives sollen Mitarbeiter inspirieren und motivieren
- Objectives sollen ambitioniert sein.
- Key-Results müssen messbar sein
- OKRs müssen bewertet werden z.B. durch Punkte zwischen 0 schlecht bis nicht erfüllt und 10 perfekt erfüllt)
- OKRs müssen untrennbar dokumentiert und transparent für das gesamte Unternehmen sein.
- OKRs sollen als Datenquelle gesehen werden – schlechte Resultate sollen nicht bestraft werden.
- Bei einer ständigen Erreichung von 10 sind die Ziele nicht ambitioniert genug gesteckt.
Während sich Objectives auf den Outcome orientieren sind Key-Results Output orientiert
Gute Objectives geben die Richtung vor, sie zeigen was das Unternehmen/das Team erreichen will und was dabei wichtig ist. Sie sind damit konkret, ambitioniert, inspirierend und fordern zum Loslegen auf.
Key-Results auf der anderen Seite sind Datengetrieben und konkret, sie zeigen Ergebnisse im Detail auf, was konkret eintreffen soll, damit das Ziel erreicht wird. Sie müssen also konkret passieren oder passiert sein damit das Ziel als vollständig erreicht gilt. Somit sind Key-Results messbar, zeitlich eindeutig zuordenbar, und auswertbar (z.B. Ja/Nein, 50%,70%,100%)
In einem Unternehmen sollen die OKRs aligned sein, das heißt die persönlichen OKRs der Mitarbeiter müssen mit denen der Teams und denen der Business-Units bis hin zu den Unternehmens OKRs abgestimmt und gleich ausgerichtet sein.
OKRs und das zusammenspielen mit agilen Organisationen
Genau das ist die Schwierigkeit bei agilen Entwicklungen und digitalen Transformationen des Unternehmens. Wenn wir davon ausgehen, dass wir nicht Plangetrieben arbeiten können und wollen, so muss sich sowohl das Topmanagement mit seinen OKRs nach den neuen Erkenntnissen der Mitarbeiter anpassen als auch die Mitarbeiter den strategischen Entscheidungen des Topmanagements. Das spiegelt aber sehr schön die Realität wider und ist meiner Meinung nach kein Widerspruch. In seinem Buch „Selbstorganisation braucht Führung“ sagt Boris Gloger, dass auch agile selbstorganisierte Arbeit einen Rahmen braucht, in dem sich die Mitarbeiter bewegen können. Einen teil dieses Rahmens können auch die OKRs auf Unternehmensebene sein.
Der OKR-Prozess
Wie wird nun der OKR-Prozess aufgesetzt sodass die Organisation möglichst effizient zu ihren OKRs kommt, Stabilität garantiert ist aber auch gleichzeitig genügend Flexibilität gewährleistet ist, um agil arbeiten zu können und auf Veränderungen reagieren zu können?
Schritt 1 im OKR-Prozess:
Zunächst braucht es eine Unternehmensvision und einen dementsprechenden Rahmen. Diese Vision wo sich das Unternehmen hin entwickeln soll, welche Ziele und welche Ergebnisse erreicht werden sollen muss das Topmanagement vorgeben. In einem oder mehreren Workshops wird dann die Vision des Topmanagements als Zielbild gefestigt und in Unternehmens OKRs festgelegt. Dies ist der Top-Down Ansatz der OKR-Methode. Dieses Zielbild wird dann dem gesamten Team vorgestellt. Jeder im Unternehmen muss wissen was die Vision und das Zielbild des Unternehmens ist.
Erst wenn ein Zielbild entstanden und verstanden ist, kann dieser Rahmen genommen werden und mit dem Bottom-Up-Ansatz im nächsten Schritt verfeinert werden.
Schritt 2 im OKR-Prozess:
Im zweiten Schritt werden die Top-OKRs dann vom Team zerlegt und es werden mittelfristige Ziele und Ergebnisse definiert. Diese 12 – 18-monatigen OKRs werden vom mittleren Management gemeinsam mit den Teams ausgearbeitet. Dies entspricht den Bottom-Up-Ansatz der OKR-Methode.
Das heißt das Team beantwortet aufgrund des unternehmensweiten Zielbildes die Frage welche Unterziele es für das nächste Jahr ableitet und welche Meilensteine es setzt. Es kann sein, dass diese Zwischenziele konform sind mit der aktuellen Arbeit, die das Team gerade macht. Es kann aber auch sein, dass das Team zunächst neue Ideen generieren muss oder neue Produkte und Lösungen designen muss, um Jahresziele setzen zu können. Hier müssen dann Kreativitätsmethoden wie Brainstorming oder Hackertons und Design-Thinking angewendet werden, um die Jahres-OKRs zu definieren. Diese Jahresziele dienen den Teams und einzelnen Mitarbeitern dann im nächsten Schritt als Orientierungshilfe um die kurzfristigen Team-Ziele und persönlichen Zielen abzuleiten.
Schritt 3 im OKR-Prozess:
Kurzfristige Ziele sind in Bezug auf den OKR-Prozess 3 – 4-monatige Ziele. Diese werden im dritten Schritt des OKR-Prozesses von den Jahres-OKRs abgeleitet. Während die Ziele im ersten und zweiten schritt vom Management und mittleren Management geprägt sind wird bei der Ausformulierung der OKRs für die kurzfristigen Ziele die Verantwortung an die Mitarbeiter und Teams übertragen. Dieser Bottom-Up-Ansatz führt zu einen sehr hohen Commitment der Kollegen zu ihren kurzfristen OKRs. Teams sind in diesem Schritt entweder aufgrund der bestehenden Arbeiten vorhanden, oder werden aufgrund der Ergebnisse aus den Design-Thinking-Workshops und Hackertons in Abstimmung mit dem mittleren Management gebildet.
Die in diesem Schritt ausgearbeiteten OKRs dienen als Ausgangsbasis für den immer wiederkehrenden OKR-Zyklus der alle 3-4 Monate durchlaufen wird. Der OKR-Zyklus besteht aus 4 Aktivitäten und ist vergleichbar mit einem Scrum-Sprint, nur dass er nicht 2-3 Wochen dauert, sondern 3-4 Monate.

Folgende Tabelle beschreibt kurz die einzelnen Aktivitäten
Bezeichnung der Aktivität | Beschreibung | Zeit |
Planning (OKR-Planning) | In dieser Aktivität werden die OKRs für den nächsten Zyklus geplant, also all jene OKRs die in den nächsten 3-4 Monaten umgesetzt werden sollen. Beim Planning sollen alle Teams anwesend sein, damit gemeinsam abgestimmte Ziele vereinbart werden können und sichergestellt wird, dass Teams nicht parallel an denselben Zielen arbeiten. | 4-6 h |
OKR-Weekly | Das OKR-Weekly ist ein Synchronisationsmeeting bei dem sich alle Teams alle 1-2 Wochen treffen und gegenseitig über den aktuellen Stand der OKRs Updaten. Es dauert üblicherweise 15 min. | Alle 1-2 Wochen á 15 min. |
OKR-Review | Das OKR-Review wird am Ende eines Zyklus abgehalten. Bei der Aktivität werden allen Teams die Ergebnisse präsentiert und die OKRs gemeinsam ausgewertet. | 2-6 h |
OKR-Retrospektive | Bei der OKR-Retro welches ebenfalls am ende des Zyklus abgehalten wird, wird auf den vergangenen Zyklus zurückgeblickt und Verbesserungspotentiale identifiziert, die im nächsten Zyklus umgesetzt werden sollen. | 2-4 h |
Es werden alle OKRs, die im Schritt 3 des OKR-Prozesses gesammelt wurden, im ersten OKR-Planning dem gesamten Team vorgestellt. Somit wird sichergestellt, dass keine OKRs gegenläufig oder doppelt gemacht werden. Pro jährlichen OKR sollte es ca. 1-3 Objectives mit jeweils ca. 2-5 Key-Results geben. Beim Ausformulieren der OKRs sollte vor allem auf die wichtigen Merkmale von OKRs geachtet werden (Siehe oben).
OKRs sind keine Aufzählungen von Aktivitäten, sondern Sammlungen von Ergebnissen, sie sollten motivierend, klar und messbar sein.
Zum Ausformulieren von OKRs kann die OKR-Formel von John Doerr verwendet werden:
„We will [OBJECTIVE] as measured by [SET OF KEY RESULTS].” |
Beispiele für OKRs aus der Praxis
Anfang der 2000er Jahre hatte Google die Strategie sich im Internet breiter zu platzieren. Die Idee einen eigenen Browser zu implementieren der der beliebteste und am weitest verbreitete Browser sein sollte war geboren.
Zu dieser Zeit waren ca. 70% aller User mit dem Internet-Explorer im Internet. Um den Internet-Explorer und damit Microsoft vom Thron zu stoßen setzte der damalige Chrome-Manager Sundar Pichai auf die OKR Methode. Er und sein Team formulierten das oberste OKR so, dass sie den besten Browser in der Welt bauen wollten. Dabei wendeten sie auch die Formel von John Doerr an:
„We will build the best browser in the world as measured by 20 million users by end of 2008.” |
Google setzt beim Erstellen von OKRs auf die Strategie die Key-Results lieber zu hoch anzusetzen. In dem Erfüllungsgrad kommt dann durchschnittlich eine 0,6 oder 0,7 heraus. Was sich auch ganz schön in den aktualisierten OKRs der darauffolgenden Jahre im Chrome-Team zeigt:
Jahr | Userzahlen Key-Result | Wirklich erreichte Userzahlen |
2008 | 20 Millionen | ca. 10 Millionen |
2009 | 50 Millionen | ca. 40 Millionen |
2010 | 100 Millionen | ca. 110 Millionen |
Quelle: “Why the secret to success is setting the right goals” – John Doerr | Ted2018
Der Trend setzte sich fort und heutzutage ist Chrom überall. Auf Smartphones, Smart-TVs und Linux, Mac und Windows-Rechnern. Zweidrittel aller Endgeräte verwenden Chrome und viele Websites funktionieren nur mehr mit Chrome effizient. Der Internet-Explorer und sein Nachfolger Edge stehen auf verlorenen Posten und werden von Microsoft nicht mehr weiterentwickelt.
Ein eindrucksvolles Beispiel für die Wirksamkeit von OKRs.
OKR für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie in der digitalen Transformation
Die OKR-Methode ist ein sehr gutes und geeignetes Tool, um eine Digitalisierungsstrategie in einem Unternehmen umzusetzen und dabei alle Mitarbeiter mit ins Boot zu holen. Mit der Methode werden die Top Digitalisierungsstrategieziele in den Haupt OKRs definiert und gesammelt und danach die Jahres-OKRs und Quartals-OKRs abgeleitet. Dadurch, dass in den einzelnen OKRs immer die Key-Results mit greifbaren und messbaren Kennzahlen festgelegt werden und somit ein hoher grad an Transparenz im Unternehmen herrscht, kann mit der OKR-Methode auch sehr gut der Transformationsfortschritt im Unternehmen sichtbar gemacht werden. Und das bei gleichzeitiger voller Integration der Mitarbeiter und selbstorganisiertem Arbeiten dieser. In Kombination mit der 3-Horizon-Methode können auch gleichzeitig die Erwartungshaltungen aller in der digitalen Transformation richtig gemanaged werden und die ambitionierteren Ziele der Horizonte 2 und 3 in den weiter oben angesiedelten Objectives der OKR-Methode angesiedelt werden.

OKR für selbstorganisierte agile Teams und agiles Management
OKRs vereinen durch ihren strategischen Charakter, der vereint ist mit der Möglichkeit zur Selbstorganisation des Teams die Bedürfnisse von Management und Mitarbeiter. Durch die leichte Nachvollziehbarkeit ob ein Ziel erreicht wurde oder nicht und durch konkret Messbare Zahlen und Fakten tragen OKRs zur Transparenz bei. Sie sind somit eine Sprache, die zur Kommunikation zwischen Unternehmensstrategen und Praktikern eingesetzt wird und für Verständnis sorgt.
Für die Umsetzung digitaler Produkte oder eine Digitalisierungsstrategie des Unternehmens fügen sie sich sehr gut in das agile System ein. Durch das ständige Durchlaufen des „Plan, Do, Check, Adjust – Zyklus“ der ein wesentlicher Bestandteil des OKR-Prozesses ist, ist sichergestellt das das Umsetzungs-System lernfähig, anpassungsfähig und somit agil bleibt.
Ein weiterer wesentlicher Faktor, der für die Kombination mit agilen Methoden spricht, ist dass sich der OKR-Prozess sehr schön in Scrum integriert. Interdisziplinäre Teams die in Scrum ihre Ziele Sprint für Sprint arbeiten und sich an einer Vision orientierten finden sich dank OKR nun auch in einer „gröberen“ Sprintstruktur wieder. Alle 3-4 Monate läuft ein OKR-Zyklus ab, bei dem die Zielerreichung im Review diskutiert wird und ggf. das Ziel oder der Prozess adaptiert wird. Die Vision des Scrum-Projekts wird somit gemeinsam mit dem OKR-Ziel vereint und ergänzen einander sehr schön.

Fazit
Die OKR-Methode hat sich bereits in vielen Unternehmen bewehrt sie lässt sich gut mit agilen Methoden und Strategien vereinbaren und ist ein Wertvolles Tool für die Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie. Sie ist sehr leicht einzuführen und führt zu gestiegener Motivation und vor allem zu abgestimmten Prozessen und Teams im Unternehmen bei minimalem Aufwand. Sie führt zu einer hohen Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Unternehmen und lässt den Mitarbeitern dennoch ihre Freiheiten selbstorganisiert zu arbeiten.
Mehr zum Aufbau und zur Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie lesen Sie im Praxisratgeber Digitalisierungsstrategie entwickeln und umsetzen [Link zu Amazon].
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Zum Autor:
David Theil aus Linz Oberösterreich ist Digitalisierungs-Coach, Software-Entwickler und als Head of Software-Development für über 30 Softwareentwickler verantwortlich. Beruflich beschäftigt er sich bereits jahrelang mit der Digitalisierung und hat bereits bei vielen Digitalisierungs-Projekten in der Wirtschaft federführend mitgewirkt. Er bewegt sich in Themen wie Digitalisierung, IoT, oder Industrie 4.0 sowohl beratend als auch praktisch mit echten Lösungen.
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