Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem 3. Schritt des Lean-Productmanagement-Zyklus.
Einen Überblick über den Lean-Productmanagement-Zyklus finden Sie hier.
3. Wertangebot definieren
Im dritten Schritt machen wir nun einen Sprung und schlagen eine Brücke über den Product-Market-Fit, das heißt das in diesem Schritt ausgearbeitete Wertangebot des Produkts adressiert Kundenbedürfnisse von Zielkunden und führt dazu dass diese ihre Jobs erledigen können. Somit adressiert das Produkt den passenden Markt, befriedigt Kunden und führt zu einen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Um das Wertangebot des Produkts einfach zu designen und zu dokumentieren empfiehlt es sich das Value-Proposition-Canvas zu verwenden.
Durch die Verwendung des Value-Proposition-Canvas werden auch gleich alle wichtigen Erkenntnisse in einer übersichtlichen Art und Weise dokumentiert und können einfacher in den nächsten Schritten der Produktentwicklung zur Kommunikation mit dem Team und den Key – Stakeholdern verwendet werden.
Zum Ausarbeiten der Value-Proposition-Canvas‘ werden alle Informationen aus der Marktanalyse im Schritt eins und zwei herangezogen. Dabei werden die ausgearbeiteten Customer-Profiles,
Personas, Jobs-to-be-Done und User-Stories verwendet, um für jede Zielgruppe ein eigenes Value-Proposition-Canvas zu erstellen und ein Wertangebot des Produkts maßzuschneidern.
Aber Vorsicht, in diesem Schritt kommt es auf Fokus an. Produktmanager müssen in diesem Schritt eine Strategie festlegen auf welche Wertangebote sich das Produkt konzentrieren soll und welche nicht im Fokus der nächsten Produktentwicklungsschritte sein werden.
In den vorherigen Schritten zur Marktanalyse wurde zwar versucht die vorhandenen Hypothesen, durch führen von Interviews und durchführen anderen Methoden, zu bestätigen oder zu widerlegen, dies resultierte jedoch nicht in der absoluten Wahrheit, sondern ist viel mehr eine Verfestigung der vorhandenen Hypothesen und ein versuch der Wissensgewinnung. Das Produktmanagement muss immer davon ausgehen, dass sich Hypothesen, auch wenn sie von Vertretern des Kundensegments bestätigt wurden, am Markt als falsch herausstellen. Somit beinhaltet jede Produktentwicklung immer ein Risiko in die falsche Richtung zu implementieren. Um dieses Risiko möglichst gering zu halten muss iterativ, inkrementell vorgegangen werden. Es müssen einzelne Wertangebote und Features priorisiert und in einem MVPs in den nächsten Schritten umgesetzt und getestet werden.
Wenn zu viele Kundenbedürfnisse mittels zu vieler Features priorisiert und umgesetzt werden, erhöht dies das Risiko dass das digitale Produkt vom Kunden nicht angenommen wird, und gleicht vielmehr einen Schweizer-Taschenmesser als einem gezielten professionellen Tool zum Lösen eines speziellen Problems.
Wenn jemand in der Wildnis ist und eine Zange oder eine Schere benötigt ist ein Schweizer-Taschenmesser perfekt, es hat wenig Gewicht und kann in vielen Situationen hilfreich sein. Wenn die selbe Person aber Zuhause in der Werkstatt steht und eine Schere oder eine Zange benötigt wird die Person eher zum Profiwerkzeug greifen als mit einen kleinen Schweizer-Taschenmesser herum zu hantieren |
Fokus ist also in dieser und den nächsten Schritten entscheidend für den Erfolg der MVPs und des Produkts und reduziert das Risiko dass Ressourcen für Features verschwendet werden die der Markt nicht braucht. Es werden immer nur einzeln Features ausprobiert, Feedback gesammelt und diese dann entweder weiterentwickelt, wenn sie vom Kunden wirklich benötigt, oder fallen gelassen wenn sie nicht benötigt werden.
In dieser Phase ist es reizvoll Visionär zu sein, und die besten innovativsten Wertangebote des Produkts im Geiste zu kreieren. An dieser Stelle müssen gute erfahrene Produktmanager aber auch Nein sagen können. Dies ist jedoch eine der größte Herausforderung in diesem Schritt des Produktmanagement-Prozesses.
Produktstrategie
Die in diesem Schritt durchgeführte Priorisierung der Kundengruppen und deren Bedürfnisse und die Fokussierung auf einzelne Wertangebote ist der erste Teil der Produktstrategie die vom Produktmanagement gewählt wird um das Produkt einem erfolgreichen Product-Market-Fit zuzuführen. Die zweite Seite der Produktstrategie betrifft nun die möglicherweise bereits existierenden Konkurrenzprodukte die es am Markt gibt.
Um einen Vergleich zu machen und damit auch seine Strategie weiter auszubauen muss zunächst genügend wissen über die Konkurrenten erworben werden. Marktrecherchen und ggf. das kaufen von Konkurrenzprodukten und analysieren dieser gehört hier dazu. Wurde das Wissen aufgebaut so fließen jetzt die Informationen von den Wertangeboten des eigenen Produkts und den Wertangeboten der Konkurrenten aus der Konkurrenzanalyse in einer Value-Proposition-Tabelle zusammen. Es ist ratsam1 die Wertangebote in diesem Fall nach den drei Kategorien des Kano-Modells zu ordnen.
Konkurrent 1 | Unser Produkt | |
Basiskriterien | ||
Basis 1 | Ja | Ja |
Basis 2 | Ja | Ja |
Basis 3 | Ja | Ja |
Leistungskriterien | ||
Leistung 1 | Hoch | Mittel |
Leistung 2 | Niedrig | Hoch |
Leistung 3 | Hoch | Mittel |
Begeisterungskriterien | ||
Begeisterung 1 | Nein | Ja |
Begeisterung 2 | Ja | Ja |
Durch diese Tabelle lässt sich sehr leicht eine Strategie abbilden, die das eigene Wertangebot des Produkts in den Kontext mit der Konkurrenz stellt.
Beispiel für Value-Proposition-Tabelle anhand von Suchmaschinen2
Suchmaschine G | Suchmaschine B | |
Leistungskriterien | ||
Anzahl Suchergebnisse | Mittel | Hoch |
Neuheit der Ergebnisse | Mittel | Hoch |
Relevanz der Ergebnisse | Sehr Hoch | Mittel |
Begeisterungskriterien | ||
Spart Zeit, Keywort-Vorschläge | Ja | Nein |
Spart Zeit/Arbeit, Vorschautext | Ja | Nein |
Artefakte und Outcome aus diesem Schritt:
In diesem Schritt wurden für die bestehenden Kundengruppen und deren Kundenbedürfnisse passende Wertangebote mit Hilfe des Value-Proposition-Canvas erstellt. Die Wertangebote beziehen sich dabei auf die Kundenbedürfnisse und wurden priorisiert, um nun aus ihnen Features für das digitale Produkt zu beschreiben. Es wurde ein Fokus auf ausgewählte Kundensegmente und Wertangebote gelegt und somit eine Produktstrategie entworfen die gleichzeitig die priorisierten Wertangebote und die existierenden Konkurrenzprodukte in Betracht zieht.
Artefakte:
- Mehrere Value-Proposition-Canvas‘ für jedes relevante Kundensegment
- Priorisierte liste an Wertangeboten
- Value-Proposition-Tabellen
- Konkurrenzanalysen
- Produktmanagement-Strategie
Navigation
Überblick – Lean Productmanagement
- Zielkunden definieren und finden
- Verstehen der Kundenbedürfnisse
- Wertangebot definieren
- Setzen des Feature-Sets für das Minimal Viable Product
- Erstellen der Experimente/des Minimal Viable Products
- Testen der Experimente/des Minimal Viable Products mit dem Kunden
Quellen
1The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 73 ff
2The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 70