Hört man sich in der Produktmanagement-Community um, so stößt man immer wieder auf gewissen Glaubenssätze und Mythen über den Product-Market-Fit und das Produktmanagement.
Glaubenssätze die hingestellt werden als wären sie die einzige Wahrheit. Und ist man im Smalltalk verhaftet und reflektiert nicht, was da gerade geredet wird, so klingen diese Annahmen und Glaubenssätze im ersten Moment auch richtig. Doch diese Glaubenssätze sind es, die Produkte und Startups oft in die Irre leiten und deren Erfolg verhindern. Aus diesem Grund ist es notwendig zunächst über diese Mythen zu sprechen bevor sich die nächsten Abschnitte dann auf den Product-Market-Fit fokussieren.
Mythen rund um den Product-Market-Fit und das Produktmanagement
- Innovation und der Erfolg eines Produkts kommen von Ideen die niemand zuvor hatte.
- Ein großer Erfolg eines Produkts ist nur mit großen Ressourceneinsatz möglich.
- Setzt sich ein neues innovatives Produkt durch, beruht dies auf faszinierenden neuen Technologien.
- Innovative neue Produkte die wahre Revolutionen am Markt auslösen sind ein Zufallsprodukt und können nicht systematisch erzeugt werden.
Doch all diese Mythen stimmen nicht.
IBM hat nicht den PC erfunden, und Apple nicht den MP3-Player, PCs und MP3-Player gab es bereits lange bevor diesen Unternehmen ihre Produkte auf den Markt gebracht haben. Und auch Amazon hat nicht den Onlinehandel mit Büchern erfunden. All diese Produkte und Geschäftsmodelle zeigen auf, dass dieses Mythen nicht richtig sind. Und dass ein guter Product-Market-Fit kein Produkt des Zufalls ist sondern, systematisch1 erzeugt werden kann. (Vergleich siehe Geschäftsmodelle entwickeln – Oliver Gassmann Seite 12)
Bevor wir aber tiefer in das Thema Produktmanagement einsteigen müssen zunächst einige Begriffe geklärt werden.
Definition Product-Market-Fit, Markt, Produkt
Bevor wir den Begriff Product-Market-Fit definieren können müssen zunächst seine Bestandteile Produkt und Markt geklärt werden. Der Fit besteht, wie bereits beim Value-Proposition-Canvas beschrieben dann, wenn das Wertangebot des digitale Produkts sich mit den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden deckt und die Kunden das Produkt einsetzen können, um ihre Jobs zu erledigen. (Vgl. Jobs to be done2 – siehe Competing against Luck Clayton M. Christensen)
Der Markt
Dan Olsen definiert den Markt in seinem Buch „The lean Product-Playbook“ folgender maßen3:
Ein Markt besteht aus allen potenziellen Kunden, die ein Produkt oder eine Dienstleistung erreichen kann, die eines oder mehrere gemeinsamen Kundenbedürfnisse (Customer-Needs) haben.
Es geht also um Kundenbedürfnisse, Probleme und Wertangebote die erfüllt werden müssen, und um Zielgruppen und Kundensegmente.
Das Produkt
Das Produkt4 ist ein Wertangebot, welches gezielt auf die Bedürfnisse, Wünsche und Aufgaben der Kunden zugeschnitten ist. Dabei kann das Produkt im weitesten Sinne auch als Dienstleistung und Service definiert werden, da Dienstleistungen ebenfalls Bedürfnisse und Wünsche von Kunden adressieren und deren Aufgaben lösen. Der Unterschied zwischen Produkt und Service ist im digitalen Zeitalter noch mehr vermischt weil digitale Produkte als Service angeboten werden (z.B. als Software-As-A-Service).
Product-Market-Fit
Der Product-Market-Fit5 ist aus dieser Definition also ein Maß dafür, wie gut das Produkt und sein Wertangebot den Markt, und somit das Kundensegment und deren Bedürfnisse befriedigt. Es entscheidet also der Ziel- und Endkunde, ob das Produkt diesen befriedigt und ob der Product-Market-Fit gegeben ist oder nicht.
Warum ist der Product-Market-Fit wichtig?
Der Product-Market-Fit ist der Sweetpoint, also das Optimum eines Produkts, einer Dienstleistung, eines Geschäftsmodells. Unternehmen streben danach einen sehr guten Product-Market-Fit zu erreichen, das heißt jene Punkt, an dem möglichst wenig Aufwand in das Produkt gesteckt wurde, das Produkt jedoch für den Kunden genau das macht, was er benötigt und der Kunde gerne bereit dazu ist, dafür etwas zu zahlen.
Dies Optimum zu finden ist jedoch nicht immer leicht, denn zu viele Unbekannte und Variablen fließen in das Produktmanagement hinein. Eine Kombination aus verschiedenen Methoden, Tätigkeiten, investierten Aufwänden, und durchgeführten Experimenten führt zu einem verbesserten Product-Market-Fit.
Den Product-Market-Fit zu finden ist also ein Optimierungsproblem welches nur erreicht wird indem Annahmen getroffen werden, und diese Annahmen durch Experimente bestätigt oder widerlegt werden.
Abb. Product-Market-Fit Pyramide nach Dan Olsen6
Artikelreihe „Lean-Productmanagement“
Im nächsten Artikel gehen wir genauer darauf ein, wie ein guter Product-Market-Fit mit dem Lean-Productmanagement-Zyklus erreicht wird.
Navigation
Überblick – Lean Productmanagement
- Zielkunden definieren und finden
- Verstehen der Kundenbedürfnisse
- Wertangebot definieren
- Setzen des Feature-Sets für das Minimal Viable Product
- Erstellen der Experimente/des Minimal Viable Products
- Testen der Experimente/des Minimal Viable Products mit dem Kunden
Quellen
1Geschäftsmodelle entwickeln – Oliver Gassmann Seite 12
2Competing against Luck Clayton von M. Christensen
3The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 5
4The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 6
5The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 7
6The lean Product-Playbook von Dan Olsen Mai 2015 Seite 4